NWZ, 19.11.2005
Geheimnis am Flötenteich ist gelüftet
film
Gang durchs Hilfskrankenhaus -Premiere am 25. November im Schloss

Die Anlage ist gut gewartet und damit kom­plett einsatzbereit. Seit 1997 ist sie erst im städ­tischen Besitz.

von KLAUS FRICKE

OLDENBURG - Es ist das wohl bestgehütete Geheimnis in Ol­denburg - und doch glaubt je­der, es irgendwie zu kennen: das Hilfskrankenhaus unter dem Schulzentrum am Flöten­teich. Wie dem auch sei, ab Freitag, 25. November, wird das bunkerartige Kellerge­wölbe sowieso kein Geheimnis mehr sein. Dann zeigt Regisseur Farschid Ali Zahedi ab 20 Uhr im Schloss seinen neuen Film „Pssst! Keine Gespräche über Verschlusssachen“ (Kartenreservierung unter Tel. 12180), und das Hilfskrankenhaus unter der Ohmsteder Erde spielt darin die Hauptrolle.­

Jahrzehntelang hat die Stadtverwal­tung sich schwer ge­tan mit der Existenz des Hospitals im Un­tergrund, der Bau in der Tiefe galt vielen als Relikt aus Kalter-Krieg-Tagen. Dabei konnte das Hilfskrankenhaus auch bei zivilen Katastrophen zum Einsatz kommen; drei Operationssäle  unter  der Erde hätten den oberirdi­schen Krankenhäusern im Ernstfall etwas Luft ver­schafft. Weiterer Grund für die Zurückhaltung der Stadt: Das Hilfskrankenhaus war zunächst im Besitz des Bundes und ging erst 1997 an die Stadtverwaltung über.

Mit übernommen wurde dabei Volker Wilken, seit 1981 für Betrieb und Unterhalt der bombensicheren Anlage zu­ständig. Wilken, quasi zweite Hauptfigur in Zahedis Film, geleitet den Zuschauer durch unendlich lange Flure, in rie­sige Waschräume, den funkti­onsbereiten ABC-Entgiftungsbereich oder in die ausgeklü­gelte Lüftungsanlage. Über 1000 Menschen hätten hier im Ernstfall vier Wochen Auf­nahme finden und ohne je­den Kontakt zur Außenwelt überleben können - ein Sze­nario, der glücklicherweise bisher nie eintrat.

Inzwischen gelten die 6405 Quadratmeter (so groß ist ein Fußballfeld) nicht mehr als Hilfskrankenhaus, sondern als Sonder­schutzraum, und seit dem  Frühjahr ist auch Volker Wilken im Ruhestand - der Boden unter der Flö­tenteichschule (viele vermuteten die An­lage sogar unter dem nahen    Gewässer) wird aber weiterhin das weitläufigste La­byrinth, das Olden­burg zu bieten hat, beherbergen.

Die Räume meh­rere Meter unter dem Schulzentrum sind al­lerdings für die Allgemeinheit weiterhin tabu. Hierhin kann man nur gelangen, wenn man im Rettungsdienst tätig ist und eine große Sanitätsübung angesetzt wird oder wenn (wie schon einmal geschehen) Unterkünfte für rumänische Asylbewerber ge­sucht werden.

Ali Zahedis Film macht das Hilfskrankenhaus nun auch für alle anderen Oldenburger, die immer schon einmal das Geheimnis am Flötenteich lüf­ten wollten, sichtbar, am 25. November wird im Schloss der Schleier gelüftet.


Oldenburger Sonntagszeitung, 20.11.2005

Verschlusssache filmisch geöffnet

Werkstattfilm zeigt Dokumentarfilm über unterirdisches Krankenhaus - Umzug in die Katharinenstraße geplant

Oldenburg. Es gibt einen Ort in Oldenburg, den kaum ein Mensch bisher zu Gesicht be­kommen hat. Viele sind seit langem neugierig, einige wissen gar nichts davon: Seit 1976 befindet sich neben dem Flötenteich ein Hilfskrankenhaus unter der Erde.

Mit seiner neuen Filmproduktion „Pssst! Keine Gespräche über Verschlusssachen“ gibt Farschid Ali Zahedi (Foto) vom Verein Werkstatt­film erstmals Einblicke in die unterirdische Stätte. Aus ei­nem vierstündigen Filmmate­rial entstand eine Dokumenta­tion, die 45 Minuten lang durch das weitläufige Gebäu­de führt. Dabei begleitet Vol­ker Wilken, der 24 Jahre dort unten gearbeitet hat, die Zu­schauer durch die 18 Kran­kenhausstationen, die für den Fall eines atomaren Angriffs mit eigener Strom- und Was­serversorgung, Dekontamina­tionseinrichtungen sowie Per­sonalräume, Krankenzimmer und  Operationsäle  erbaut wurden.

Das Krankenhaus, das früher Eigentum des Bundes war und heute der Stadt Oldenburg gehört, nimmt 6405 Quadratmeter Fläche (Fußballfeld) ein. Vier Eingänge führen zu den insgesamt 131 Räumen, die für rund 1050 Menschen zur Verfügung stehen und hier vier Wochen lang versorgt werden können. Wilken berichtet über die technischen Einrichtungen, prominente Besucher und interessante Einzelheiten.

Der Film feiert am Freitag, 25. November, 20 Uhr, seine Premiere im Festsaal des Oldenburger Schlosses. Da er­fahrungsgemäß die Plätze bei der ersten Vorstellung schnell vergeben sind, wird um Reser­vierung unter der Rufnummer 12180 gebeten.

Der Verein Werkstattfilm arbeitet auf dem Gebiet der regionalen Film- und Medien­arbeit sowie der Medienge­schichte. Es werden Filme produziert und Ausstellungen sowie Seminare veranstaltet.

„Wir haben ein stadtge­schichtliches Archiv mit Fil­men, Fotos und Dias einge­richtet. Es wurden bereits 20 000 Bilder digitalisiert. Außerdem sichern wir Inter­views mit Zeitzeugen aus der Region", so Zahedi. Insbeson­dere die filmischen Dokumen­te erfreuen sich großer Be­liebtheit. Alle Vorführungen mussten  bisher  mehrfach wiederholt werden, um den Bedarf zu decken. Dabei ar­beitet das Team ehrenamtlich.

Sorge bereiten zurzeit die Räumlichkeiten, die der Ver­ein Werkstattfilm mit seinem platzaufwändigen Archiv jetzt beziehen möchte. „Wir wollen unseren 120 Quadratmeter großen Standort in der Stau­straße jetzt aufgeben. Die Räumlichkeiten in der Katha­rinenstraße l würden mit 80 Quadratmetern so grade eben ausreichen, wenn wir noch ei­nen Raum zusätzlich nutzen könnten", so Zahedi. Wenn die Verhandlungen mit der Stadt­verwaltung erfolgreich sind, ist der Verein ab Anfang De­zember unter der neuen Adresse erreichbar.