Presse- und Rundfunkberichte zur Tahl- Ausstellung
Nordwest-Zeitung, 23.01.2002:
DIABOLO Wochenzeitung,
DIABOLO Wochenzeitung, KW 03/2002 (16.bis 23.1.2002) Beitrag im Rundfunk vom 24.01.2002 Oldenburger Sonntagszeitung,
27.01.2002 Oldenburg
AKTUELL 31.Januar 2002 KW 05 Magazin ASPHALT ("Nord-West-
Empfehlung") big-Oldenburg,
Februar 2002
Nordwest-Zeitung, 23.01.2002 Motivsuche auf dem Motorroller Per Zufall entdeckte der Verein „Werkstattfilm" den Fotografen. Zwei Jahre lang wurde recherchiert. Von Klaus Fricke
Oldenburg. Farschid
Ali
Zahedi wollte eigentlich nur einen gebrauchten Filmprojektor
kaufen, als er 1993 auf einem Dachboden eines Hauses in der
Hirschberger Straße stand. „Nehmen Sie doch die Leinwand
auch noch mit",meinte
der Besitzer. „Die brauche ich nicht",
entgegnete der Leiter des Oldenburger Vereins „Werkstattfilm"
- und trat dann trotzdem schwer bepackt den Heimweg an.
Zahedi hatte nämlich einen Karton mit alten Fotos
entdeckt und erworben, ein Karton, der später den Grundstock bildete
für eine rund zweijährige
Recherche über den Hersteller
der Bilder. Am Ende der Arbeit
von Zahedi und
Melanie Pust stehen
nun ein ungewöhnlicher Bildband und eine ungewöhnliche Ausstellung.
Das Wirken des Fotografen
Gustav Alexander Tahl (1891-1954) wird auf diese Weise
gewürdigt. 1920 kam Tahl mit seiner Frau Margarethe nach Oldenburg und eröffnete in der Ulmenstraße sein Geschäft für Gewerbe- und Industriefotografie. Acht bis neun andere Fotografen waren nach Zahedis Forschungen zu jener Zelt ebenfalls in Oldenburg tätig, „doch Tahl war der einzige, der auch außerhalb des Studios arbeitete". In seinem neorealistischen Stil bildete Tahl als „rollernder Photograph" (so der Volksmund in Anspielung auf den Motorroller des Fotografen) Szenen des städtischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens Old enburgs abseits der üblichen Motive der Residenzstadt ab. So überdauerten Einblicke in Produktionsabläufe von Firmen, Ansichten von inzwischen fast vergessenen Bauten oder Darstellungen des Alltags im Oldenburg der 20er Jahre die Zeit. „Wichtig ist auch, dass Tahls Fotos keine Zufallsprodukte waren, sondern ganz gezielt aufgenommen wurden", beschreibt Zahedi die Arbeitsweise des Manns mit dem Roller, Tausende Bilder entstanden so, von denen viele aber nicht mehr existieren. Denn der gebürtige Rumäne Gustav Tahl, Sohn jüdischer Eltern, musste 1935 Oldenburg und Deutschland aus Furcht vor den Nazis verlassen. „Bei der Flucht gingen unzählige Fotos verloren", weiß Melanie Pust. „Unter anderem fehlen seine Aufnahmen von Turnfesten. Vielleicht gibt es ja noch welche auf irgendeinem Dachboden." Die Familie wanderte nach Holland aus, wo die Nachfahren Thal s (u.a. sein Sohn Friedel, der viel zum Zustandekommen des Projekts beigetragen hat) heute noch leben. Der Bildband „Gustav Alexander Tahl - Photos aus Oldenburg 1920-1935 ", der am heutigen Mittwoch im Isensee-Verlag veröffentlicht wird (Preis 15 Euro, also 29,34 DM), und die Ausstellung „Gustav Alexander Tahl 1891-1954 ", die morgen Abend im Marmorsaal des Schlosses startet, belegen darum ausführlich das künstlerische und - aus heutiger Sicht - historische Wirken des mobilen Fotografens. „Eine spannende Sache, weil so viele relativ unbekannte Szenen zu sehen sind, abseits klassischer Oldenburg-Motive", findet Verleger Florian Isensee. Der Bildband, für den Verein „Werkstattfilm" ein „wunderbarer Abschluss der langen Arbeit", sei Ausstellungskatalog und eigenständiges Werk zugleich, sein Inhalt gehe über das im Schloss Dargestellte noch hinaus.
Ungewöhnliche Ausstellungseröffnung Späte Ehrung von Gustav Tahls Bildern und Leben im Landesmuseum im Schloß
Der „Pferdemarkt" als Handelsplatz der Viehbarone, wo man noch mit
Handschlag ein Geschäft
besiegelte. Die „Harmonie" in Osternburg als Lichtspielhaus. Die Knochenarbeit
der Wanderarbeiter, die den Küstenkanal gebaut haben. Das ist
Oldenburger Geschichte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts,
in Bildern festgehalten von dem
jüdischen Fotografen, Dokumentarfilmer und Maler Gustav
Tahl.
Zur Oldenburger Geschichte gehört aber auch, daß die
Familie Tahl 1936 vor den Nazis nach Holland flüchten mußte.
Und diese Familie,
Nachfahren von Gustav Tahl und seiner Frau
Margarete Meijer,
nahm mit großer Freude an der Eröffnung der Ausstellung teil.
Den
historischen Schatz haben die Oldenburger maßgeblich dem im
Iran geborenen Farschid
Ali
Zahedi und seinen KollegI
nnen von „Werkstattfilm e.V." zu verdanken. Für Zahedi,
selbst emigriert, gehört die Vergangenheit zur Gegenwart. „Ich
wollte wissen, wo ich lebe und mit wem." Das war sein Motiv für
die aufwendige Recherche. Mehrmals fuhr er nach Holland, um die heute
noch in Winschoten lebende
Familie Tahls zu besuchen und zu interviewen. Eine Menge
Material ist dabei zusammengekommen und eine Begegnung von Emigranten
zweier mörderischer
Regimes. Auch dies ist in der Ausstellung verborgen, die in Oldenburg
viele materielle und ideelle Unterstützer gefunden hat. Außerdem
von der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische
Bildung und sogar von der OLB
gefördert wurde. Dies ist deshalb bemerkenswert,
da sich wiederholt zeigte, daß bestimmte Themen aus der Vergangenheit
für eine materielle Förderung nicht besonders beliebt
sind. Es ist zu hoffen, daß diese Praxis der Vergangenheit
angehört.
„Der rollernde Fotograph“
Über eine Ausstellung mit Bildern von Gustav Tahl aus den 20er Jahren im Landesmuseum Oldenburg. „Den rollernden Fotographen" nannten ihn die Oldenburger. Gustav Alexander Tahl war auf dem Motorroller in der Stadt unterwegs, immer auf der Suche nach Motiven: Arbeiter, Bauern und Sportler fotografierte er ebenso mit geübtem Blick wie Industrieanlagen und die Großbaustelle „Mittellandkanal" im Oldenburg der 20er Jahre. Tahls Bilder sind ab 24. Januar im Landesmuseum zu sehen. Eröffnet wird die dreimonatige Ausstellung um 19 Uhr Tahl hat Mediengeschichte in Oldenburg geschrieben, urteilt der Oldenburger Dokumentarfilmer Farschid Ali Zahedi: Er hatte „ein trainiertes Auge, zeigt uns, wie man in Oldenburg in den 20er Jahren gelebt hat". Zusammen mit Melanie Pust hat Zahedi die Ausstellung im Landesmuseum vorbereitet. Gustav Tahl besaß von 1920 bis 1936 erst ein, später drei Fotogeschäfte in Oldenburg. Doch nur Passfotos und Hochzeitsbilder zu produzieren, das war schon 1920 dem 29jährigen, in Rumänien geborenen Fotografen und Zeichner zu wenig. Industriefotografie und Dokumentarfilme reizten den jungen Familienvater, der nach der Heirat mit Margarete Meijer vom jüdischen zum evangelischen Glauben übergetreten war. Bei Recherchen für seine Dokumentarfilme ist Zahedi Mitte der 90er Jahre erstmals auf Fotos und Postkarten von Tahl gestoßen. Zahedi, der auch die Ausstellung und Film über „Enteignung und „Arisierung" in Alltag und Wirtschaft in Oldenburg zwischen 1933 und 1945" mit organisiert hat, trug im Laufe der Jahre immer mehr Material über den jüdischen Geschäftsmann, der 1936 nach Holland fliehen mußte, zusammen. Eine Entrümpelung auf dem Dachboden eines Hauses in Osternburg förderte eine große Menge Filme und Bilder zu Tage. Weitere überraschende Fundstellen waren beispielsweise Flohmärkte. Zahedi setzte sich mit der Familie Tahls in Verbindung, die heute noch in Winschoten, dem damaligen Zufluchtsort der Familie Tahl, lebt. „Tahl hat ja immer fotografiert und gefilmt zugleich, er mußte also immer zwei sperrige und enorm schwere Ausrüstungen mitnehmen", erzählt Zahedi bewundernd. Die Bilder von Tahl sind eine Reise in die Vergangenheit. „Ein Bild vom Wallkino, vor dem die Besucher Schlange stehen, zeigt uns nicht nur das Gebäude und Menschen, die nach der damaligen Mode gekleidet sind. Da wird ein bestimmter Film auf dem Plakat angekündigt, und das eröffnet uns einen Blick auf eine andere Ebene, die Filmgeschichte." Zahedi hofft, daß die Oldenburger in der Ausstellung diese Vielschichtigkeit erkennen, etwas über sich erfahren, indem sie in die Vergangenheit schauen, „l984 bin ich nach Oldenburg gekommen und ich wollte wissen, wo ich lebe und mit wem. Und dazu gehört es auch, die Vergangenheit kennen zu lernen", erklärt Zahedi die Motivation seiner Recherchen. Der im Iran geborene Journalist und Filmemacher, der mit dem iranischen Regime in Konflikt geriet und politisch verfolgt wurde, ist heute Geschäftsführer von Werkstattfilm e.V in Oldenburg. Sein Name steht für die Gründung der Oldenburger Filmtage, mehr noch für die jüdischen Filmtage in Oldenburg 1997 und 1998. Zahlreich sind seine Arbeiten im Bereich kommunale Medien und Film. „Der Jude Tahl ist ja der erste Oldenburger Dokumentarfilmer", so Zahedi. „Auch mich interessiert vor allem die Geschichte vor Ort." Und wenn sich Zahedi als „Regionalist" bezeichnet, so trifft der Begriff sicher auch auf Tahl zu. Wer mehr zur Ausstellung oder zu den Projekten von Werkstattfilm wissen möchte: Telefon 0441/12180, Fax 7779063, E-Mail: Zahedi@'werkstattfilm.de. Zur Ausstellung erscheint ein Bildband vom Isensee-Verlag, der im Landesmuseum und im Buchhandel erhältlich ist. (Die Ausstellung wird von der Niedersächsischen Landeszentrale Politische Bildung und der OLB gefördert.) Oldenburger Sonntagszeitung, 27.01.2002
Schatz auf dem Dachboden Oldenburg AKTUELL 31.Januar 2002 KW 05 Gustav
Alexander Thal Photos aus Oldenburg 1920 bis 1935 im Oldenburger Schloss (PB).
Gustav Alexander Thal wurde 1891
in Rumänien geboren, zog nach seiner Heimkehr aus dem l. Weltkrieg
1920 mit seiner Frau Margarete
nach Oldenburg und baute sich hier eine Existenz als Photograph auf.
Er eröffnete zunächst das Photogeschäft für Kunst, Industrie und
Gewerbe in der Ulmenstraße 9 in Ostemburg,
dem zwei Filialen in den 30er Jahren folgten, machte Aufnahmen von
Aufführungen des Landestheaters, begleitete den Bau des Küstenkanals
und beobachtete die Arbeiter der Bölts
AG und zahlreiche Sportveranstaltungen ebenso durch sein Objektiv
wie den Besuch Hindenburgs. Wo immer etwas los war,
der “rollernde Photograph“ war dabei. So ist ein Stück
Oldenburg- und Mediengeschichte mit dem Namen Thal
und dessen - am
Stand der damaligen Technik
gemessenen - meisterhaften Photos
verknüpft. Zudem war Thal der
erste Dokumentarfilmer der Region.
1934 machte ein Oldenburger
SA-Mann Thals jüdische Herkunft
öffentlich und setzte damit die
Familie, zu der inzwischen vier Kinder gehörten, dem Terror des
nationalsozialistischen Regimes
aus. 1936, vor die Frage „Auswandern oder Verhungern“
gestellt, ergriff Thal die Chance
eines Geschäftstausches mit einem Fotografen aus Winschoten
in den Niederlanden. Ein zunächst lebensrettender, wenngleich
ungleicher Tausch, denn die Wohnverhältnisse und Arbeitsbedingungen
waren deutlich schlechter als in Oldenburg.
Nach dem Einzug deutscher Truppen
in den Niederlanden hielt sich
Gustav Alexander Thal vier Jahre
lang auf einem Dachboden versteckt und kämpfte in der Folge
jahrzehntelang um eine Entschädigung. Dem Verein Werkstattfilm kam
bei seinen Recherchen um den „rollernden
Photographen“ der Zufall zu
Hilfe. In Winschoten begegnete Farschid
Ali Zahedi
einem der Söhne des Oldenburger Fotografen, Friedel
Thal, der nach anfänglicher
Skepsis umfangreiches Material
aus dem Familienbesitz zur Verfügung stellte, und er entdeckte darüber
hinaus beim Ankauf eines
alten Projektors auf einem Oldenburger
Dachboden einen Karton mit
historischen Fotos. Bis zum 17. März sind die Fotos Gustav Alexander Thals als Ergebnis gründlicher Recherche und glücklicher Zufälle im Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte im Oldenburger Schloss ausgestellt. Dem Verein Werkstattfilm ist es damit gelungen, das visuelle Gedächtnis eines bedeutenden Stückes Stadtgeschichte auszugraben. Begleitend zur Ausstellung ist im Isensee-Verlag der Bildband „Photos aus Oldenburg 1920 - 1935 Der „rollernde Photograph Gustav Alexander Thal„ mit einem Geleitwort von Oberbürgermeister Dietmar Schütz erschienen. Die Ausstellung wurde mit finanzieller Unterstützung der Oldenburger Landesbank und des Vereins Niedersächsischer Bildungsinitiativen in der Stadt Oldenburg ermöglicht. Sie ist Dienstags bis Freitags von 9 Uhr bis 17 Uhr, Donnerstags von 9 Uhr bis 20 Uhr und Samstags und Sonntags von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Magazin ASPHALT ("Nord-West- Empfehlung") "Fotos vom
rollenden Photographen" Eine
große Menge Motorradfahrer steht abfahrbereit auf dem Marktplatz.
Sie haben sich zur „Zuverlässigkeitsfahrt"
des Vereins Oldenburger Motorradfahrer zusammengefunden und werden
von dem Fotografen „mit gewaltigen Kommandoworten" vor seinem
Apparat aufgebaut. Jeder von ihnen wird vor dem Start noch einmal
separat von Gustav Alexander Tahl fotografiert,
bevor sich „der unermüdliche Knipser" zum Schluß selbst
auf sein Rad setzt, um an der
Fahrt teilzunehmen (Zitate aus „Nachrichten für Stadt und
Land" vom 10.05.26). Bei
solchen und ähnlichen Oldenburger Ereignissen war der Fotograf und
Dokumentarfilmer Gustav Alexander Tahl im Einsatz. Einige seiner
Fotos, die lokale Zeitgeschichte der 20er und 30er Jahre
dokumentieren, sind zurzeit
im Marmorsaal des Oldenburger Schlosses zu sehen. Tahl
kam 1920 nach Oldenburg und eröffnete
sein erstes Geschäft („Aufnahmen zu jeder Tageszeit. Abends bei elektr.
Licht"). Im Laufe der Jahre
kamen noch zwei weitere im Stadtgebiet hinzu. Für seine Aufnahmen
aus dem Bereich Kunst, Industrie und Gewerbe war er mit seinem
Motorroller in der Stadt unterwegs („Komme nach auswärts zu
jeder Zeit"). Er dokumentierte
Theateraufführungen, Viehmärkte,
den Bau des Küstenkanals oder auch den Besuch Hindenburgs
in Oldenburg. Aufnahmen, die er für große Betriebe wie der
Fleischwarenfabrik Bölts gemacht
hat, geben uns heute
Einblick in Alltag und Arbeitswelt zu jener Zeit. Mitte der
30er Jahre wurde die persönliche
und berufliche Situation für
Tahl wegen seiner jüdischen Abstammung zunehmend
bedrohlich. Mit seiner Familie flüchtete er ins niederländische
Winschoten,
wo er ein kleineres Geschäft im Tausch gegen
seine Geschäft in Oldenburg übernahm.
Doch auch hier war er bald nicht mehr vor den Nationalsozialisten
sicher. Jahrelang versteckte er sich tagsüber in einem
Verschlag auf dem Dach seiner Wohnung. Er überlebte,
zog sich aber durch diese Umstände eine schwere Krankheit
zu, an der er 1954 starb.
Wiederentdeckt
wurde ein Teil seiner einzigartigen zeitgeschichtlichen Dokumentation
Oldenburger Lebens erst vor einigen
Jahren durch den Dokumentarfilmer Farschid
Ali Zahedi
vom Verein Werkstattfilm. Zuerst war es eine Werbeanzeige Tahls,
die Zahedi in einer Zeitung von 1925 entdeckte. Dann kamen
Foto-Postkarten von Flohmärkten
hinzu. Zufällig fand er auf einem Dachboden einen ganzen Karton mit
Aufnahmen von Tahl. Seine
Recherchen führten ihn schließlich nach Winschoten, wo Tahls
Familie heute noch lebt und Sohn Friedel
und Tochter Margot tatkräftig bei
dem Zustandekommen von Ausstellung und Begleitkatalog halfen. An
diesem Projekt war auch Melanie Pust
vom Verein Werkstattfilm maßgeblich beteiligt. Zur Ausstellungseröffnung
kamen Sohn Friedel, ein Enkel (beide sind übrigens auch Fotografen
geworden) sowie ein Urenkel Tahls aus den Niederlanden
angereist. Die
Ausstellung „Der rollernde Photograph"
ist noch bis zum 17.03.02 zu sehen. Wer Interesse an einer Führung
hat, kann sich direkt bei Farschid
Ali Zahedi melden (Tel. 0441-12180).
Am 10.03.02 (19 Uhr, Wallkino) und am 17.03.02 (11 Uhr, Schloßsaal)
zeigt er außerdem einen Film, der verschiedene Dokumentarfilme
Tahls beinhaltet Begleitend
ist ein Bildband erschienen, der
noch umfangreicheres Material als die Ausstellung enthält und für
15 Euro im Museum erhältlich
ist.
big-Oldenburg, Februar 2002 Gustav Tahl Der rollernde Photograph Das
Landesmuseum zeigt eine Ausstellung, die sowohl jedem
Kunstinteressierten als auch jedem alteingesessenen Oldenburger
Freude bereiten dürfte: Der Betrachter begibt sich anhand der Bilder
des 'rollernden Photographen'
Gustav Tahl auf eine Zeitreise und lässt
sich in ein Oldenburg der 20er
Jahre zurückversetzen. Die
Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Verein Werkstattfilm,
der sich seit längerer Zeit der Film- und Medienarbeit und der Mediengeschichte
der Region widmet. Gustav
Tahl, der 1920 nach Oldenburg kam, bekam seinen Spitznamen als 'rollernden
Photographen', weil er mit seinem
Motorroller alle wichtigen Ereignisse der damaligen Zeit in Oldenburg
und Umgebung begleitete und mit seiner Kamera dokumentierte. Ob
Sportveranstaltungen, die Einweihung der ersten Straßenbahn oder der
Besuch Hindenburgs in der
Huntestadt - Gustav Tahl eröffnet nicht nur einen tiefen Einblick
in die Geschichte der Stadt, sondern findet dafür auch
eindrucksvolle visuelle Bilder. Sein
Film über den Küstenkanalbau
fand ab 1925 in vielen Kinos deutschlandweit große Beachtung. Die
politische Lage zwang den jüdischen Gustav Tahl 1936, sein Geschäft
aufzugeben und mit seiner Familie
Oldenburg zu verlassen. Sie ließen
sich in den Niederlanden nieder. So
zeigt die Ausstellung gleichermaßen künstlerische Schaffenskraft
und Ausschnitte realer Zeitgeschichte. TAMAR
NOORT Bis zum 17. März im Landesmuseum Oldenburg.
Zur Ausstellung erscheint ein umfassender Bildband. Rundfunkbeitrag von Günter Beyer, gesendet im NordwestRadio am 24.1.2002 Sprecher: Der
Fotograf war in Oldenburg unübersehbar - und unüberhörbar. Auf
seinem motorisierten "Krupproller", bepackt mit Kamera,
Stativ und allen möglichen Utensilien, knatterte Gustav Alexander
Tahl zum Aufnahmetermin. 1920 hatte sich Tahl mit Frau Margarethe als
Werbe- und Industriefotograf im Stadtteil Osternburg niedergelassen.
Seine Spezialität waren Reportagen aus Industrie und Arbeitswelt
sowie Innenaufnahmen von Läden und Handwerksbetrieben. Da lässt der
Unternehmer Bölts die vielköpfige Belegschaft seiner
Fleischwarenfabrik in Arbeitskluft vor der Werksfassade antreten -
bitte recht freundlich! Wie beschaulich noch in den 20er Jahren in
einer Kellerei Wein auf Flaschen gezogen wurde - wir wissen es dank
des "rollernden Fotografen". Rund, 80 Fotos werden nun im
Marmorsaal des Schlosses vorgestellt. Die technisch makellosen, großformatigen
Bilder hat Tahls Sohn Friedrich von den kleinen Originalen
reproduziert. Erst Anfang der neunziger Jahre war Ausstellungsmacher
Farschid Ali Zahedi vom Oldenburger Verein "Werkstattfilm"
auf den vergessenen Fotokünstler aufmerksam geworden. Zahedi: "Wir
versuchen, eine kurze Zusammenfassung Oldenburg in den 20 Jahren zu
zeigen. Das heißt, eine Stadtansicht, Überblick über Industrie und
Landwirtschaft, Reklamefotografie und Erlebnisorte wie Kino, Theater
etc, Besuch Hindenburgs und alles, was in Oldenburg in 20er, 30er
Jahren passiert." Sprecher: Einer
der ersten großen Aufträge war eine Fotodokumentation über den Bau
des Küstenkanals. Tahl hielt nicht nur die teils primitiven
Arbeitsbedingungen anschaulich und ohne Pathos fest. Erhalten ist
auch eine gutgemachte Werbemappe mit Fotos, die Zeitungsleuten als
Public-Relations-Material in die Hand gedrückt wurde. Gustav Tahl
war auch begeisterter aktiver Motorsportler. 1926 machte er während
eines Motorradrennens Schnappschüsse, was ihn nicht hinderte, als
Dritter ins Ziel zu kommen. Manche Aufnahme erweist sich im
Nachhinein als leises, feinfühliges Seismogramm kommenden Unheils.
Etwa eine erwartungsvolle Menschenmenge vor einem Kino. Man spielt
den Streifen "Krach um Jolanthe", die Verfilmung des
niederdeutschen Theaterstücks "Swienskumedi" aus der Feder
des völkischen Schriftstellers August Hinrichs, später Leiter der
NS-Schrifttumskammer für Weser-Ems. 1935 erklärt eine
ahnenforschende Behörde Tahl wegen eines jüdischen Großvaters zum
sogenannten "Halbjuden". Zahedi: "Tahl
bekommt Schwierigkeiten, die Schaufenster im Geschäft kaputt
gemacht, mehrere Drohbriefe, verschiedene Anschläge. Deshalb Tahl
musste mit seiner Familie das Land verlassen." Sprecher: Tahl
lässt sich auf einen kuriosen Handel ein, der ihm wohl das Leben
gerettet hat. Er tauscht sein Unternehmen mit einem in Holland bedrängten
nazifreundlichen Fotografen. Der Niederländer zieht nach Oldenburg,
Tahl geht mit der Familie nach Winschoten und überlebt die deutsche
Besetzung ab 1940 in einem Versteck. Zahedi:
"Der
Tahl hat ein besonderes Auge gehabt. Das sind jedenfalls keine
Zufallsfotos. Sie sind gedachte, ganz bewusste Gestaltung. Da, sage
ich so, wir sind heute auf Gustav Tahl ziemlich stolz, dass solche Künstler
damals gelebt haben."
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