Bericht über ein abgekürztes Leben

Buchbesprechung

Enttäuschungen und sich zerschlagene Hoffnun­gen begleiteten Sohrab Shahid Saless sein Leben lang. 1962, im Alter von 18 Jahren geht er von Teheran nach Wien, um Film zu studieren. Er er­krankt an Tbc, geht nach Paris, dann dreht er in Teheran an die 20 Dokumentarfilme für das irani­sche Kulturministerium, darunter welche über tan­zende Derwische sowie über die „Weiße Revoluti­on" des Schahs und den technischen Fortschritt, der so auch nach Persien kam. Wegen politischer Schwierigkeiten verläßt Saless seine Heimat schließlich wieder und kommt nach Deutschland. Hier entstehen vier Spielfilme - darunter »UTOPIA«, der auf der Berlinale gezeigt wurde und Preise gewann, sieben Fernsehfilme und zwei Dokumentationen. Mehrmals droht ihm die Abschiebung: »Die Aufenthaltserlaubnis ersetzt nicht die Arbeitserlaubnis« wird ihm in seinen Paß gestempelt. Nach dem bescheidenem Erfolg von »UTOPIA« wandert Saless weiter, in die CSSR. Dort entstand sein Film: »HANS - EIN JUNGE AUS DEUTSCHLAND«. Später drehte er «RO­SEN FÜR AFRIKA» in Deutschland. Schließlich wanderte er wieder aus, diesmal zum letzten Mal. In die USA. Vor einem Jahr starb Sohrab Shahid Saless dort in Chicago. Sein Tod kam, so sagen viele die ihn kannten, nicht ganz unerwartet.

Farschid Ali Zahedi und die »WERKSTATT­FILM« in Oldenburg haben Materialien für ein Sohrab Shahid Saless-Archiv zusammengetragen:

Briefwechsel mit Freunden, Produzenten und Re­dakteuren, Drehbücher, Exposes und Treatments. Ein Teil der Sammlung wurde auf dem 29. Inter­nationalen Forums des Jungen Films bei der Berli­nale in einer Ausstellung präsentiert. Zu dieser Ausstellung erschien der erste Band einer kleinen Reihe mit Selbstzeugnissen aus dem Nachlaß des Filmemachers. Der Band teilt sich in fünf Abschnit­te, nämlich den „Notizen aus dem Exil", einer teils kämpferischen, teils sensiblen Abrechnung mit den schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen in Deutschland, einem ausgewählten Briefwechsel, in denen besonders der zermürbende Kampf mit den Produzenten bei der Herstellung von »UTOPIA« deutlich wird, in »Interview«, mit dem Filmema­cher selbst, in dem er seine ganz persönliche Art des Filmemachens erläutert sowie »Gespräche« mit Schauspielern und Kollegen, die seine ganz eigene Arbeitsweise aus ihrer Sicht beschreiben, zum »Ab­schied« ein Nachruf und einige Erinnerungen von Freunden. Ergänzt wird der erste Band durch drei unveröffentlichte Filmexposes von Saless, die er nicht mehr verwirklichen konnte.

Die Erinnerung an diesen kämpferischen und klu­gen, dabei hochsensiblen Menschen und Filmema­cher wachzuhalten ist umso wichtiger, als das deut­sche Fernsehen seit seinem Tode, also in den letz­ten zwölf Monaten, keinen seiner 14 in Deutsch­land entstandenen Filme gezeigt hat, auch nicht arte oder 3sat. So bleibt er wenigstens durch seine Selbstzeugnisse und die Erinnerungen seiner Weg­begleiter lebendig. Der rundum gelungene erste Band macht neugierig auf die weiteren, noch ge­planten Bände. Mit zahlreichen Fotos des Regis­seurs und vielen Abbildungen bringt er uns das Leben eines Filmemachers nahe, für den die Ein­heit zwischen Ethik und Ästhethik immer mehr zählte als der Erfolg bei einem Massenpublikum. [Werner Winter, 1999]

ZurückSeitenerstellung: Bernd Poch

Verantwortlich: Ali Farschid Zahedi

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